Ein Garten für die Sinne

Daher hat er beschlossen, die Erbschaft des verstorbenen Bewohners Ernst Bludau überwiegend für demente Bewohnerinnen und Bewohner einzusetzen. Dank des Engagements des Heimbeirates und verschiedener Mitarbeiter ist ein beschützender Sinnesgarten entstanden: der größte in Bochum. Er ist vom sonstigen Gelände abgetrennt. Hier können Demente ungestört und gefahrlos spazieren gehen. Für Stimmung wie im Urlaub sorgen zwei Strandkörbe, auf Sand gebaut. Es gibt eine Boulebahn, die auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist, ein Feuchtbiotop – durch Beete vom Garten abgetrennt – ein kleines Kornfeld, ein Hügelbeet mit Kürbissen und Gurken, Kräuterbeete, Obstbäume, Blumen und Beerensträucher.
Dezernentin Sophie Graebsch-Wagener hat den Garten mit einem Grillfest für Bewohner und Nachbarn eröffnet. Dass der neue Garten Sinn macht, haben die Bewohner längst beschlossen: Er ist beliebt und macht eine für viele vergessen geglaubte Erfahrungswelt wieder erlebbar – ein Garten für die Sinne. Er ist so gestaltet, dass ihn alle Bewohner des „Hauses am Glockengarten” nutzen können, auch solche, die körperlich und geistig eingeschränkt sind. Ein Rundweg führt gefahrlos und überschaubar um das Biotop.

Der Sinnesgarten ist zur Nachbarschaft abgegrenzt: So laufen einerseits keine Dementen weg, andererseits aber auch keine Hunde hinein, die dort ihr Geschäft hinterlassen. Konzept ist, auf der Fläche von 2 000 Quadratmetern Reize für alle Sinne anzubieten. Sei es ein regenbogenfarbenes Banner zum Sehen, ein Muschel-Mobile zum Hören, seien es Düfte – eingefangen in winzigen Einkochgläschen – zum Riechen, Erdbeeren zum Schmecken oder Tastsäckchen zum Fühlen.
In den Wohnbereichen des Heimes lässt sich das Gedächtnis schwer trainieren, Übungen sind eher theoretisch. Im Sinnesgarten hingegen bekommen die Übungen Bezug zur Umwelt. Die Bewohner können Jahreszeiten im wahrsten Sinne des Wortes „erfassen”. Und sie schmecken Beeren und Früchte ohne Umweg über Küche und Einkauf. Wenn Bewohner mit Besuchern in den Garten gehen, haben sie Gesprächsthemen, bei denen sie ihre Erfahrungen weitergeben können: Pflanzen, Düfte, Töne.  Sie können aktiv etwas zum Gespräch beitragen. Viele von ihnen verdrängen körperliche Einschränkungen, wenn sie fast beiläufig ihren Arm heben, um Tastsäckchen, die in Bäumen und Sträuchern hängen, zu erfühlen. Sie vollziehen auch Bewegungen, die sie schon lange nicht mehr aus eigenem Antrieb ausgeführt haben. Der Garten bietet ein neues Maß an Lebensqualität und Lebensraum für die Bewohner. In diesem geschützten Bereich können sie immer wieder Neues entdecken und wahrnehmen.
Der Sinnesgarten am „Haus Am Glockengarten”, Glockengarten 38, ist täglich von 9 bis 18.30 Uhr zugänglich. Der Besucherparkplatz liegt an der Straße Am Dornbusch.

2007-10-15T00:00:00+00:00